Rauschende Festtage. Das war die re:publica auch in diesem Jahr. Fünf Tage war ich in Berlin und es rauscht immer noch. In meinem Kopf. Quasi schon vor Beginn der re:publica waren die ersten Rückblicke zu lesen. Ich frage mich, wann Ihr das immer so macht, Leute …
Ich musste mich erstmal beruhigen, schlafen, essen (doch dazu später) und, ach ja, gestern noch mit den Herbergsmüttern zum Internationalen Museumtag eine fulminante Kultur-Polonaise durch Köln machen. Alles rauscht. Alles fließt.
Hm, re:publica. Eigentlich wissen gar nicht so viele Menschen, was es damit auf sich hat. Bloggerkonferenz. Internetmesse. Convention der Kellernerds. Da gehen doch nur diese Jungen hin, die im echten Leben keine Freunde haben. Ach, das ist was für Technik-Interessierte, ne? Sprecher der re:publica werden etwa in der ZEIT als Klassenclowns und Hofnarren beschrieben. Selbst wenn die Artikel selbst nicht mehr so despektierlich sind wie noch vor ein, zwei Jahren: ein Beigeschmack ob der Wortwahl bleibt. Je nun. Soviel zur Außenwahrnehmung.
Mich selbst haben die vielen Sessions wieder mal umgehauen. Es ging einmal quer durch die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Und das zunehmend internationaler. Kein Bereich des Lebens und Arbeitens bleibt mehr von Internet und Digitalisierung unberührt. Wie wird sich Arbeiten verändern? Warum brauchen wir alle ein neutrales Netz? Von sehr ernsthaften Themen bis zu Schabernack gab es für jede Gemütsverfassung etwas. Insofern könnte man sich im Grunde über Wochen in Sessions austauschen, informieren und diskutieren. Aber mehr als drei Tage sind körperlich und geistig kaum zu schaffen.
Über die ausgezeichnete Dokumentation (Stages 1-5 sind im Video festgehalten) freue ich mich umso mehr, weil ich wie immer kaum mehr als eine Handvoll Sessions angesehen habe:
- Gunter Duecks Aufruf zum metakulturellen Diskurs, der mich schwer nachdenklich machte. Dazu kommt noch was.
- Marcus Browns Auftritt. Davon abgesehen, dass er wundervoll spricht, spricht er auch noch klug und eigen. Und über so unbequeme Dinge.
- Noch unbequemer die Session von Sascha Stoltenow und Thomas Wiegold über die Digital Natives, die in den Krieg ziehen. Sah ich nicht live, aber bitte seht Euch das an.
- Zur Beruhigung die unfassbar charmante Kate Miltner über Katzenmemes, über die sie ihre Masterarbeit schrieb. Kein Witz. Aber witzig.
- Natürlich Jan-Uwe Fitz und Frederic Valin über Schreiben und Internet und Bücher und, ach, man muß sie erlebt oder gesehen haben.
Vor Ort fand sich meine halbe Timeline wieder, was mich am ersten Tag etwas umgehauen hatte. Es gab wundervolle Gespräche und Begegnungen. Gut, auch hier und da verstörende, aber bei 5.000 Menschen vor Ort bleibt das nicht aus. Wieder wurden etliche Internetmenschen via Umärmelung in 3D abgespeichert. Hach. Flausch was in the air.
„Machen!“ war auch in diesem Jahr die Parole, die der sehr geschätzte Sascha Lobo in seiner traditionellen Überraschungsansprache ausgab. Während der ich irgendwo in Kreuzberg inmitten guter Gesellschaft eine vietnamesische Nudelsuppe in mich hineinschaufelte. (Doch dazu später.)
Mich macht dies Parole immer ein wenig widerborstig. Denn, hallo? Ich mache doch. Ich habe immer wieder Ideen für Projekte, die sich mit Digitalem, Sprache, Kunst, Literatur, Design oder Kultur beschäftigen und versuche, sie mit bescheidenen Mitteln umzusetzen.
Ich kenne recht viele Leute, die in ähnlichen Bereichen „machen“ und wie ich versuchen, den digitalen Graben zuzuschaufeln. Menschen, die Verständnis und Wissen um das Internet vermitteln und andere wiederum zum Machen bringen. Weil sie Neugier wecken und Ängste oder Vorbehalte abbauen. Nur ist die Wahrnehmung in der Netzgemeinde (Jehova! Jehova!) oft erstaunlicherweise eher gering, wenn es nicht um die neuesten Gadgets oder Netzpolitik geht.
In den letzten Jahren habe ich mich als Botschafterin Digitaliens in der Buchbranche verstanden. Es hat ja durchaus etwas Amüsantes, dass ich nun auf der Internetkonferenz als Botschafterin für das Buch und für die Buchbranche im Einsatz war. Mein Geld verdiene ich als Social Web Ranger, Interneterklärerin und Autorin.
Neben meinen eigenen Umsonstprojekten bemühe ich mich auch, meinem Ehrenamt für den Dachverband der Buchbranche irgendwie gerecht zu werden. Je länger der Titel, desto kleiner das Amt: Leitung der Kommission Digitale Kommunikation im Arbeitskreis für Elektronisches Publizieren im Verlegerausschuss im Börsenverein des deutschen Buchhandels e.V.
In dieser Funktion nun habe ich für den AKEP, der Partner der re:publica war, eine Session machen dürfen: „Decoding a book. Was ist Buch?“

Foto: Ulrike von der Heidt
Nur soviel: Es war sensationell. Danke an alle, die dabei waren, diskutierten, zuhörten und für die nötige Stimmung gesorgt haben. Immer noch: WOW.
Ein paar Stimmungsbilder aus dem Berichten in Blogs dazu:
http://www.falkhedemann.de/2013/05/10/rp13-ein-pladoyer-fur-das-real-life
http://11punkt.de/unser-erstes-mal-die-republica/
http://www.kristinehonig.de/2013/05/nach-der-republica-2013-und-nun/
[Update 14.5.13] Ha, “Blogs, Bücher & Bier” betitelt der kreuzer, das famose Leipziger Stadtmagazin seinen Blogbeitrag und darin finden sich ein paar schöne Zitate aus meiner Session.
… und es gab in der Tat etliche mehr. Wie auch Tweets und Fotos. Alles in allem war ich damit laut Brandwatch auf Platz 7 unter den Top15-Akteuren auf der re:publica, also unter den Twitterern, die am häufigsten genannt oder geretweeted werden. Nochmal wow!
Neben meiner Session gab es aber auch noch Budenzauber mit den Herbergsmüttern im fahrenden Pixoona Schulbus. Eine WebTV-Folge vom Bloggercamp mit Hannes Schleeh: Das Buch auf der Couch. Ein Interview in der Sondersendung, die live von der re:publica podcastete. Mit Patrick Breitenbach habe ich auch einen Podcast aufgenommen. Der ist aber wie auch unsere Hörweide, die wir im Podcaster-Sendezentrum auf der re:publica aufnahmen, noch nicht online. Es gab auch noch ein Video-Interview mit Thilo Jung in dem von mir sehr gemochten WebTV-Format Jung & Naiv.
P.S. Seht Euch unbedingt die Plakate der re:publica seit 1913 an. Fabelhaft!
P.P.S. Ach ja, jetzt ist später: Ich möchte bitte im nächsten Jahr glücksspendende, warme Kohlenhydrate, an die ich problemlos herankomme. Warum nicht diese gebratenen Asia-Nudeln mit Gemüse und wahlweise Fleisch? Ich bin glücklicher, wenn mir nicht der Magen knurrt. Und Hot Dogs im Ikea-Style und pappige Brötchen oder Grillgut, für das ich eine Stunde lang anstehen muss, machen mich nicht glücklich. Ich weiß, im Restaurant gab’s wohl Nudeln. Aber es war einfach immer voll, wenn ich auf Futtersuche war …
Ja, die Sache mit dem Essen 😉 Vielleicht schaffe ich den Blogbericht auch noch… Lesenswert in diesem Zusammenhang: http://volkermampft.de/sweetup-catering-und-die-sache-mit-dem-steak-der-etwas-andere-republica-ruckblick/
Ah, den habe ich jetzt sehr aufmerksam gelesen. Die pappigen Brötchen und Hot Dogs hat er wohl nicht mal probiert. Nun ja, dafür kam ich nicht im Restaurant zum Zuge ;-). Jau, da besteht wirklich Nachholbedarf. Zumal der Tag lang ist und Konferenz hungrig macht. Da wäre doch Asiaküche oder irgendwas im Vapiano-Style sehr viel sinnvoller. Einen Grill kann man ja immer noch hinstellen.