Serendipity. Etwas finden, wonach man gar nicht gesucht hatte. Und das einen überrascht oder erfreut. Das ist für mich #printtwitter: Anzeigen in der Rubrik Glückwünsche & Persönliches meiner Tageszeitung.
Kleinanzeigen habe ich immer schon beinahe lieber gelesen als die Artikel. Ich lese immer noch täglich die Tageszeitung und erhoffe mir von dieser Lektüre einen Überblick über die Weltlage, aber vor allem Informationen und Geschichten aus der Stadt und der Region, in der ich lebe. (Von letzterem wünschte ich mir ja mehr, während ich mich über die Weltlage ohnehin gern über Medien hinweg informiere.)
Die Welt in einer Nußschale: #printtwitter
Aber: Kleinanzeigen. Wunderbar. Die große Welt in wunderlichen Mikrokosmen. Menschliches und Allzumenschliches. Tiere. Sensationen. Belanglosigkeiten. Kleine und große Nöte. Verlust. Freude. Hinter jeder Kleinanzeige verbirgt sich die Geschichte eines Menschen. Das fasziniert nicht nur mich: der eine sammelt Todesanzeigen (www.todesanzeigensammlung.de), eine andere besucht die Menschen hinter den Annoncen oder ein Roger Willemsen stürzt sich begeistert auf Kontaktanzeigen.
Seit 2012 sammele ich meine Fundstücke im Blog. Zuvor habe ich mich allein darüber amüsiert oder sie dem Mann beim Frühstück vorgelesen. Dann wollte ich eigentlich nur mal IFTTT in Kombination mit Instagram und Tumblr ausprobieren, ich brauchte einen Namen dafür − und schupp, war #printtwitter geboren. Die Ausbrüche, Seltsamkeiten, Nölereien, Nonmentions und Gespräche, die oft knapp aneinander vorbeischrammen, erinnern mich in der Tat an Twitter, das ich nicht zuletzt wegen dieser Eigenheiten immer noch sehr schätze.
#printtwitter im Fernsehen und auf der Bühne
Dann kam irgendwann das Fernsehen zu Besuch und drehte einen kleinen Film über #printtwitter. Ich schrieb damals in meinem Blog etwas darüber. Die Zeit verging und manchmal fand ich täglich #printtweets, manchmal über Wochen gar keine. Es begab sich im Winter, dass der sehr geschätzte Herr Fitz aka @vergraemer anklopfte und ein Stückchen Bühne bei seinen legendären Lesungsabenden, den Vergrämungen, anbot. Hey, eine Bühne für #printtwitter? Jawoll. Eine Bühnenfassung entstand und Ende April feierte #printtwitter in der famosen Stadtbibliothek Köln sein Debüt.
Zur Aufzeichnung bei Youtube: www.youtube.com/watch?v=NTNgkAlIn8Q
Dank an Herrn Fitz und das Team der Stadtbibliothek Köln. Das war schön!
Schöner scheitern mit #printtwitter
Übrigens scheiterte ich leider bei der Online-Anzeigenaufnahme des KSTA, um den Siegertweet des Abends als Anzeige aufzugeben. Ich sollte ihn vielleicht besser faxen … Allerdings war ich auch etwas baff, was so eine Kleinanzeige kostet. Mein Blick auf die Fundstücke unter Glückwünsche & Persönliches sind durchaus ehrfürchtiger. Ich glaube nun noch mehr, dass sich weniger verzweifelte Privatmenschen als vielmehr das organisierte Verbrechen dahinter verbergen müssen. Oder ist es der Mitarbeiter aus der Anzeigenannahme, dessen gepeinigte Seele sich hier Luft verschafft?
Die gesammelten Werke #printtwitter seit 2012: http://printtwitter.tumblr.com.
P.S. Gerne komme ich damit auch auf andere Bühnen. Anfragen an ladwig@sinnundverstand.net.