Was ich an meiner Arbeit sehr schätze, ist die Begegnung mit ganz unterschiedlichen Menschen. Wofür setzen sich diese Menschen ein? Was treibt sie an? Was macht sie und ihre Unternehmen einzigartig? Wie lässt sich diese Einzigartigkeit im Internet spiegeln?
Vergangene Woche hat mich Frank Tentler mit in den Wald genommen. Kurz vor Bayreuth fielen wir aus dem Zug. Also, eigentlich fiel nur ich, aber das ist eine andere Geschichte, eine mit Autsch. Holz von Hier ist eine Initiative für ökologische Forst- und Holzwirtschaft in Kooperation mit der Bayerischen Sparkassenstiftung. Frank begleitet die Initiatoren Gabriele Bruckner und Philipp Strohmeier bei der Entwicklung und Umsetzung einer Strategie für das Social Web. Und hier kam ich ins Spiel, nämlich als Beauftragte für Transmedia Storytelling.
Geschichten mit Persönlichkeit
Welche Geschichte soll erzählt werden und wie lassen sich unterschiedliche Medien am besten für diese Geschichte nutzen, ohne dass überall dasselbe erzählt wird? Die Kerngeschichte muss herausgearbeitet werden, auf die alle Inhalte auf diversen Plattformen und in verschiedenen Medienformaten letztlich zurückführen.
Hier zu gehört auch, sich bewusst zu machen, mit welcher Stimme, in welcher Sprache die Geschichte erzählt wird. Welche Wörter werden benutzt? Welcher Tonfall und welche Ansprache passt am besten, und zwar zur Markenpersönlichkeit, zu den Zielgruppen und zu den jeweiligen Kanälen?

Spielerisches Foto-Shooting für den ersten Blog-Post
Storytelling ist nicht, auf allen möglichen Kanälen eine immer gleiche Geschichte wiederzukäuen, sondern die Eigenschaften von unterschiedlichen Kanälen zu nutzen und mit ihnen im Sinne der Kerngeschichte zu spielen.
Im Workshop wurde bei der Analyse rasch klar, dass die Story selbst steht: Gabriele und Philipp sind sympathische Überzeugungstäter, die gewohnt sind, ihre Projekte anderen auf politischer und wissenschaftlicher Ebene zu erklären, bei Veranstaltungen präsent zu sein und Unterstützer aus den unterschiedlichsten Bereichen für ihre Nachhaltigkeitsinitiative zu gewinnen.
Die Herausforderung ist, dies auch im Social Web zu erreichen, in einem Umfeld, das für das Team von Holz von hier noch neu und fremd ist. In einem Umfeld, das überwiegend privat genutzt wird. In einem Umfeld, in dem viel herumgeflachst wird, und in dem die geschriebene eher der gesprochenen Sprache enspricht.
Anarchie auf Papier
Frank sagte es auf unserer Rückfahrt sehr treffend: Anarchie ist Teil meines Systems. Ich arbeite für das Internet am liebsten auf Papier, zumindest solange es um Planung von Storytelling und Content-Strategien geht. Internet zum Anfassen, quasi. Ein Haufen Zettel lässt sich gemeinsam besser sortieren als ein Haufen Dateien. Am Computer kann meist nur einer arbeiten und der Rest bekommt rasch glasige Augen. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass es nicht sehr nachhaltig ist, wenn ich einen Stapel Powerpoint-Slides anschleppe und einen Standard vorstelle.
Es bleibt Unternehmen meiner Überzeugung nach nichts anders übrig, als einen eigenen Weg in Social Media zu entwickeln – und dazu gehört, selbst Hand anzulegen. Dann lässt sich das Erarbeitete auch besser und langfristig in den Alltag überführen. Mit Papier lässt sich gut gemeinsam zur selben Zeit arbeiten. Außerdem ist Handgeschriebenes, das man in die Hand nehmen kann, immer noch “näher dran”. Das ist allerdings erstmal anstrengender, als sich eine Standardlösung vorstellen zu lassen ;-).

Hilfreich: farbiges Papier und gute Stifte.
Da wird es zwischendurch schon mal unübersichtlich bis verwirrend. Aber das spiegelt schlicht einen Zustand wieder. Digitales täuscht mitunter eine Struktur vor, die noch gar nicht da ist. Ziel des Workshops ist, überhaupt erstmal eine Struktur für das Social Web zu entwickeln. Und wer sich das Social Web gerade erst erschließt, kann besser in Ruhe auf vertrautem Terrain vorarbeiten und die Grundlagen klären, bevor es an den Aufbau von Accounts und das Erkunden der Funktionen geht. Das schützt meinem Eindruck auch davor, sich allzu sehr in Tools und Technologie zu verlieren – und darüber die Story und die Inhalte zu vergessen.
Content im Kontext
Die Schritte selbst sind jedoch alles andere als anarchisch: Klären und Zurechtzupfen der Story. Verstehen, wen man womit erreichen möchte – und wie. Hier gibt es eine große Aufgabe: Der reiche Schatz an Informationen, die für Holz von hier bereits vorhanden ist, muss so aufbereitet werden, dass er in einem überwiegend privat genutzten Umfeld wie das der sozialen Netzwerke Aufmerksamkeit weckt, Identifikationsmöglichkeiten bietet und Verbundenheit erzeugt. Viele Fakten können als Service angeboten werden.
Bei Holz von hier gibt es einen enormen Fundus an Informationen, die von Gabi und Philipp in einen Zusammenhang gebracht werden. Die Leidenschaft der Initiatoren und ihre Liebe zum Thema lässt sich über Bilder und das Teilen von Erfahrungen vermitteln. Die Kerngeschichte bildet die Basis und darauf sollten sich alle Inhalte zurückführen lassen. Kontext ist der Schlüsselbegriff.

Vorhandene Inhalte sortieren und für Social Media aufbereiten
Vom Alltag aus denken
Einen eigenen Ausdruck und die geeigneten Medienformate hierfür zu finden, ist ein Herzstück meines Workshops. Dem einen liegt das Schreiben mehr, dem anderen Bilder oder Videos. Was lässt sich auch im Alltag leicht herstellen? Was ist naheliegend und macht wenig Mühe? Bei der Entwicklung einer Content Strategie sollte man lieber nicht vom Idealfall ausgehen, in dem man viel Zeit und Muße hat, um Inhalte herzustellen. Umso wichtiger ist es, dass sich die Kerngeschichte auch mit smarten Inhalten im Mikroformat erzählen lässt.
Die Aufgabe für das Team von Holz von hier ist, sich einen eigenen, möglichst unverwechselbaren Wortschatz aufzubauen und Bilder für sich sprechen zu lassen. Gabriele und Philipp haben bereits einen große Sammlung von hochwertigen Bildern. Zusätzlich sind sie nun mit Smartphones und Foto-Apps ausgerüstet, so dass sie auch spontan Bilder sprechen lassen können. Bei einem Waldspaziergang haben wir Instagram getestet. Sich immer mal ein Thema vorzunehmen, für das man auf „Bilderpirsch″ geht, war eine Anregung für die Zukunft.

Auf Bilderpirsch im Wald: Das Bild vom Bild im Bild.
Workflow und Redaktionsplanung
Die nächsten Schritt waren, einen Workflow für Medienproduktion und Blog zu definieren. Wo werden Fotos eingestellt, welcher Link-Verkürzer wird genutzt, welche Social Networks sind wichtig, welche Funktionalitäten müssen im Blog vorhanden sein und worin unterscheiden sich Blog und Website? Diese und weitere Fragen galt es zu klären.
Wir haben einen Redaktionsplan aufgesetzt und dort gemeinsam einen Styleguide formuliert. Darin haben wir zum Beispiel festgehalten, wie viele Zeichen Beiträge auf den jeweiligen Plattformen maximal haben und wie der Workflow bei einem Blogbeitrag ist. Ein passendes Theme für das frisch eingerichtete WordPress-Blog muss noch gefunden werden, aber die Kategorien, das Mysterium Tags und erste Leitlinien für das Schreiben von Blogbeiträgen sind geklärt.
Nach zwei Tagen konzentriertem Arbeiten in angenehmer Atmosphäre (und mit Katzencontent) stiegen Frank und ich wieder in den Zug gen Heimat. Eine Liste mit Hausaufgaben haben wir hinterlassen, darunter eine entscheidende Aufgabe: vernetzt Euch! Viele der bestehenden Kontakte sind vermutlich bereits hier oder dort im Social Web zu finden. Es ist gerade beim Einstieg in Social Media hilfreich, wenn man sich mit Menschen vernetzt, die man bereits aus anderen Zusammenhängen kennt. Wenn man Vertrauen fasst zu seinem Netzwerk und nicht mehr ins Ungefähre spricht, kann man selbst die nötige Gelassenheit ausstrahlen, die Geschichten wirkungsvoll werden lassen. Ich wünsche Gabi und Philipp von Herzen, dass Holz von hier auch im Social Web Fahrt aufnimmt und freue mich, sie auch weiterhin mit Rat und Tat zu begleiten. Seht es Euch an: Nachhaltigkeit ist hierbei weit mehr als eine leere Hülse und mit Holz von hier hat jeder von uns die Möglichkeit, mit einer eigentlich simplen Entscheidung etwas für unsere Umwelt zu tun.
Wer von Euch nun auf Holz von hier neugierig geworden ist:
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Die Website wird überarbeitet: www.holz-von-hier.de
Frank hat übrigens unsere Tage in Franken dokumentiert: Tag 1, Tag 2

Beeindruckend: ein Jahrtausende altes Stück Holz.
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