Zack, vorbei. Unglaublich, wie viele Erlebnisse, Gespräche und Begegnungen in zwei Tage passen. Prustend taucht man aus dem Menschenbad auf und verschnauft erstmal. Tage voller glückseliger Momente. Tage, von denen es leider kaum Fotos gibt, weil ich vor lauter Schwatzen nicht zum Knipsen kam.
»Spiel‘ nicht mit den Schmuddelkindern!«
Mit Social Media und Digitalkram fand man sich bis vor einer Weile noch in Randgebieten der Buchmesse wieder. Das scheint sich allmählich zu bessern, wenn auch immer noch William Gibsons Worte gelten, wonach die Zukunft zwar da, aber ungerecht verteilt sei. Wie man mir zutrug, gab es etwa bei Verlagen sehr schöne Bloggertreffen. Mit #1Buch1Satz der Zeit rockte gar ein Buchthema über zwei, drei Tage lang das Internet. (Wobei es immer niedlich ist, wenn eine Twitteraktion bei Facebook landet. Zeichenbeschränkung und Hashtag haben durchaus ihr Gutes.)
Bemerkenswerterweise scheint digital plötzlich hip zu sein: die frankfurt digital night platzte aus allen Nähten. Der Veranstaltungsort, das Orange Peel, mußte in der Nacht vermelden, leergetrunken zu sein. Und damit war nicht Club Mate gemeint … Die Premiere des eBook-Award war erfolgreich und gut besucht, was mich für die Initiatoren sehr freut. Und nach allem, was ich mitbekam, scheinen sich die meisten wieder dem Kerngeschäft zu widmen: gute Bücher machen, egal ob digital oder gedruckt. Dieser Eindruck mag aber an meiner persönlichen Wahrnehmung in meiner Filterblase geschuldet sein. Mit Jaron Lanier etwa wurde das Unbehagen mit dem Digitalen quasi in Persona von der Buchbranche mit dem Friedenspreis ausgezeichnet. Ich kratze Kopf und hätte mir ein anderes Signal gewünscht. Ja nun.
Gelassen …
… denke ich an all das, was ich nicht gesehen habe. Finnland, etwa. Und an all die Menschen, die ich nicht oder viel zu kurz getroffen habe. Gut, dass uns der digitale Raum bleibt – und die Aussicht auf kommende Treffen und Ereignisse.
… habe ich es wie in den bisherigen Jahren schon, meinen Terminplan vollzuballern. So blieb genügend Luft für längere und zufällige Gespräche, ohne unentwegt von Halle zu Halle zu rennen.
… mache ich mich jetzt daran, die mitgenommenen Aufträge zu sichten und Angebote zu schreiben. Wie schön!
Gefühlt …
… wird wieder mehr getrunken auf der Buchmesse. Die Zeiten, in denen man zwangsweise mckinseyfiziert seriös wirken musste, scheinen vorbei. Wie angenehm. Denn die Tage auf der Buchmesse sind anstrengend genug und ein Schlückchen für den Kreislauf durchaus wohltuend. Immerhin muß man ja bis tief in die Nacht durchhalten.
… zeigen die Buchmenschen mehr Mut in der Wahl ihrer Kleidung. Während die Männer in dieser Hinsicht noch etwas einfallslos wirken und zum DIN-Norm-Anzug greifen, habe ich an den Damen erfreulich viele schöne Kleider, Röcke und Hosen gesehen. Bestangezogener Mann: Mario Giordano in einem hervorragend geschnittenen Anzug in mysteriösem Nachtviolett. Bestangezogene Frau: Isabel Bogdan in einem himmlischen Kleid, wenn sie auch nicht mein Lieblingskleid mit den bunten Herbstblättern trug. Sie bloggte übrigens auch über die Buchmesse.
… hatten viel mehr Leute am Herrn Büroleiter Interesse als an mir. So existieren Fotodokumentationen von Terminen, auf denen nurmehr meine Hand zu sehen ist, die den Findelkraken hält. Aber das ist schon in Ordnung, immerhin arbeitet er hart.
Gehenkt …
… nein, Quatsch, gehängt hatte mich die Buchmesse diesmal. Das Papp-Ich wurde lustigerweise öfter fotografiert als ich. Hm …
Gefunden …
… habe ich mich selbst meist am Stand des Hädecke Verlags. Wer die Beiträge im verlagseigenen Blog zur Buchmesse liest, ahnt vielleicht, warum. Mein nächstes Buch von Hädecke wird übrigens das mit den vegetarischen Tapas. Die Autorin höchstselbst reichte Kostproben … mhhh!
… und zwar wirklich doof gefunden habe ich, dass ich diesmal aus Krankheits- und Vernunftsgründen nur zwei Tage auf der Buchmesse war. So geht das nicht. Zur Strafe (höhö, bin ich streng mit mir, nä?!) fahre ich dann eben im März wieder nach Leipzig.
… hat hoffentlich irgendjemand meine graue Filzkappe, die mir abhanden kam. Schluchz. Wie konnte das nur passieren? UPDATE: Sie ist gefunden, sie ist gefunden! Juhu!
Gefreut …
… habe ich mich von Herzen über zwei Gaben. Leere Bücher mit dem Auftrag, sie mit Kritzeleien und Wörtern zu füllen.
Die eine vom Verlag Hermann Schmidt, wo ich mich inzwischen als Teil einer großen Familie fühlen darf. Das Skizzenbuch, hach! Und natürlich gibt es zum knallbunten textilen Einband des großen Bruders, Freistil, eine Geschichte, die man sich am besten von Verlegerin Karin Schmidt-Friderichs selbst erzählen lässt. Freistil versammelt übrigens nun zum fünften Mal die besten Illustratoren.
Bald ist ja übrigens schon wieder Weihnachten … Ich kenne kaum einen anderen Stand, wo man so herzlich eingeladen wird, sich die Bücher näher anzusehen und sie in die Hand zu nehmen. Außerdem freute es mich sehr, Juli Gudehus und Frank Berzbach wiederzusehen.
Die andere von Leuchtturm1917: ein Lakritzelbuch! Welch‘ Freude! Ohnehin ein außergewöhnliches Unternehmen mit langer Tradition, schönen Produkten und einem Herz für Qualität: www.leuchtturm1917.de.
… habe ich mich innig über die Begegnungen mit gewissen Buchmenschen. Über Jahre hinweg sind Freundschaften und Wahlverwandtschaften gewachsen, die oftmals ihren Ursprung im digitalen Raum haben. Die, die ich meine, wissen, wen ich meine. Schön, dass es Euch gibt. <3
… habe ich mich, was von Herrn Möller hinreichend dokumentiert wurde. Es war mir in der Tag eine große Freude und ein Fest!
Gern gelesen …
… habe ich die Blogs zur Buchmesse von Deutschlandradio Kultur: blogs.deutschlandradiokultur.de/buchmessefbm14,
insbesondere Stefan Mesch: blogs.deutschlandradiokultur.de/buchmessefbm14/?autor=stefan-mesch,
der auch einen liebreizenden Beitrag über den Virenschleuder-Preis schrieb.
… wie in jedem Jahr Margarete Stokowski für die taz: blogs.taz.de/buchmesse
… und durchaus auch Roger Willemsen bei Hundertvierzehn, dem Blog des S. Fischer Verlags: http://www.hundertvierzehn.de.
Gefehlt …
… hat mir eine eigene Veranstaltung oder eine »im Auftrag«. Andere Projekte ließen mir diesmal schlicht keine Zeit dafür. So eine tiefenentspannte Buchmesse hatte ich daher selten. Aber das Ausdenken von Ideen und Konzepten für schöne, außergewöhnliche Veranstaltungen oder Aktionen und deren Umsetzung machen mir dann ja doch schlicht Freude. Wer also im nächsten Jahr oder in Leipzig eine muntere Veranstaltung machen möchte und eine Idee, eine Kuratorin oder eine Moderatorin dafür braucht: hier, ich!
… hat die Showtreppe. Das Mäntelchen der Bescheidenheit hat sicherlich etwas für sich. Aber mitunter wünsche ich mir für Veranstaltungen auf der Buchmesse etwas mehr Glanz. Damit meine ich keinen steifen Opernball, sondern ein wenig mehr Mut zum Glitzernden, Schrillen und Überbordenden. Vergnügen am Spiel mit Preisverleihungs-Klischees und rotem Teppich.
… Wo war denn die Buchmesse-Postille der FAZ? Es gab zwar auch ein Blog (blogs.faz.net/buchmesse), aber der papierne Einstieg in den Tag mit Klatsch und Tratsch wurde gemeinhin vermisst.
… hat Heike <3.
Von nun an ging’s bergab!
Hildegard Knefs Lied kommt mir in den Sinn, wenn ich an die Abgesänge denke, die allein während der Buchmesse zu lesen waren. Mitunter kommt es mir vor, als wünschten sich einige den Untergang regelrecht herbei. Die Buchbranche hat es nicht unbedingt einfacher oder schwerer als viele andere Branchen dieser Tage. Aber kaum eine andere Branche wird von so vielen Überzeugungstätern mit Herzblut betrieben. Mit derselben Überzeugung werden leider auch notwendige Veränderungen ausgebremst.
Es tut der Buchbranche sehr gut, sich zweimal im Jahr selbst zu feiern. Der Medien- und Kommunikationswandel ist ein anstrengender, aufregender, aber auch schmerzvoller Prozess. Wieder gab es Meldungen aus Verlagen über Massenkündigungen. Autoren durften sich Litaneien ihrer Verleger anhören. Während es doch so viel klüger wäre, diese Autoren zu überzeugten Botschaftern des Verlags zu machen. Aber gut, manche schaffen das. Viele Schwierigkeiten scheinen mir eher hausgemacht zu sein. Da wirkt die Digitalisierung offenkundig mehr als Beschleuniger für Missstände an anderer Stelle …
Es wird nicht einfacher werden. Das Konsum- und Medienverhalten von Menschen ändert sich und es ist nicht wirklich absehbar, welche Folgen das haben wird. Verlage, Buchhandlungen und andere Mitstreiter der Buchbranche müssen sich sehr gut überlegen, was sie wie tun – und was sie lassen. Wer seinen Laden nicht im Griff und alle Mitarbeiter auf seiner Seite hat, wird es schwer haben. Die Pflege der eigenen Unternehmenskultur und -identität ist ebenso Gold wert wie das Vertrauen und die Wertschätzung von Autoren, Kunden und Geschäftspartnern.
Tipp: Digitale Transformation trifft Verlags- und Buchbranche – Wie gehen Verleger und Buchhändler mit dem digitalen Wandel um? Steffen Meier und ich sprechen beim Twittwoch Köln #twk am 22.10.2014.
Nachtrag: Hier eine hübsche Anleitung für eine Buchmesse in Heimarbeit.
Oh, vielen Dank für die Auszeichnung! Hätte ich das gewusst – das bunte Blätterkleid hatte ich am Samstag an.
Ich hätte bleiben sollen!
Die graue Filzkappe hätte ich Dir gar nicht zugetraut – eher dem netten Herrn vom TheaterArchivVerband. Der Hintergerräumer-misch hat sie jedenfalls sichergestellt, bereits durchgebürstet und wird sie heute Abend gleich verpacken. jaja, der Huster-Secco verleitet zur Nachlässigkeit 😉
Ei der Daus! Wunderbar. Dann bin ich aber sehr froh! Herzlichsten Dank :).
<3
<3