Brrr. Kalt.
Ich trete vor die Tür und ziehe den Reißverschluss bis zum Anschlag hoch. Wintermütze. Schal. Winterpulli. Wollsocken. Übers Wetter schimpfen ist gerade seltsam erleichternd. Bringt nichts, aber Druckluft entweicht. Trotzdem darf es nun gern wieder wärmer werden. Gestern verkühlte ich mich prompt, als ich mit dem Rad zum Stall über eine der Rheinbrücken fuhr, dem schneidend kalten Ostwind entgegen.
Als Notbewegungshelferin unterwegs
Das mache ich ja gerade fast täglich: Mit dem Rad zum Stall. Zwölf Kilometer hin, zwölf her. Denn die Pferde müssen natürlich weiterhin bewegt werden, um sie an Leib und Seele gesund zu halten. Nun bin ich also Notbewegungshelferin für eines der Schulpferde des Reitvereins. So heißt das ganz offiziell. Ein Mensch pro Tag pro Pferd. Es gibt einen Notbewegungshelferkoordinator, der die Listen führt, wer wann bei den Pferden ist. Es gibt strikte Auflagen in Sachen Abstand, Verweilzeit vor Ort und Hygiene.
Es wäre schön, wenn wir wenigstens draußen auf dem Außenplatz reiten könnten. Leider ist es nicht möglich, weil sich von Neid und Missgunst geplagte Passanten bemüssigt fühlen, uns zu beschimpfen und zu bedrohen. Und so bleibt nur die Reithalle. Tja.
Darüber denke ich nach, während ich an der Agneskirche vorbeigehe.
Dort ist der Ökomarkt, wie an jedem Donnerstag. In Frankreich wurden Wochenmärkte kürzlich untersagt. Auch darf man nur noch eine Stunde vor die Tür und sich nicht weiter als einen Kilometer von Zuhause aus fortbewegen. Ich lese das Corona-Tagebuch von Christiane Dreher aus Cannes mit und die Tweets von Petra van Cronenburg aus dem Elsass, puh. Da können wir uns momentan noch glücklich schätzen, einfach so vor die Tür zu können. Verrückt. Alles.
Am Anleger vereinzelt joggende und gehende Menschen. Und der Himmel, so klar. Der übliche Schmutzfilm über Köln fehlt. Keine Kondensstreifen. Meine stille Hoffnung ist, dass sich vielleicht aus diesem Desaster einige Erkenntnisse ableiten lassen für die Klimakrise. Denn die gibt es ja auch noch. Mannomann.
Sachen aussortieren
Menschen sind zuhause und machen offenbar vor allem dies: Sachen aussortieren. Zumindest, wenn man sich ansieht, was sich seit einigen Tagen in den Straßen sammelt. Möbelstücke. Die Kleidungscontainer laufen über. Auf den Bänken finde ich ausgesetzte Bücher.
Ich behandele diese Funde wie eine Dokumentarfilmerin: Beobachten, aber nicht kommentieren oder verändern. Auf der Suche nach Belegen für diese Aussage, die ich mir aus einer Hirnschublade gepfriemelt habe, finde ich einen schönen Artikel im ohnehin geschätzten fluter. Da kam gestern auch das neue Heft. Auch online ein richtig gutes Magazin: www.fluter.de. Die haben es wirklich gut verstanden, Gedrucktes und Digitales sinnvoll miteinander zu verbinden. (Das Abonnement ist übrigens kostenlos.)
Irre wirre surreale Zeiten, in der Tat. Gehst Du noch zum Markt? Ich überlege das seit zwei Wochen, fühle mich vorher und nachher unwohl, dort aber wohl und wie in einer kurz doch irgendwie heilen Welt. Und da ich mich fast ausschließlich von Gemüse und Obst ernähre, bringe ich es bisher nicht über mich, das im Supermarkt zu kaufen (was in Sachen Hygiene wohl auch kaum Vorteile gegenüber dem Marktbesuch hätte). So viel hm derzeit. Pass auf Dich auf!
Surreal, in der Tat. Mir geht’s ja ähnlich mit Gemüse und Obst. Zuletzt hatte ich eine Ladung Salat, Gemüse und Äpfel über die Marktschwärmer bestellt. Aber die erleben gerade einen irrsinnigen Ansturm, was die kompliziertere Ausgabe (Abstand, vorgepackte Kisten usw.) sehr langwierig macht. Ih glaube, nächste Woche werde ich auf dem Ökomarkt einkaufen. Da kommt auch ein Erzeuger aus der Region hin. Das Gemüse im Supermarkt macht mich ja immer etwas traurig. Zum einen wird es nicht gut behandelt. Und zum anderen kommt fast alles aus Italien, Spanien oder Marokko. Unter welchen Bedingungen es dort angebaut und geerntet wird, verdirbt mir den Appetit. Von den langen Transportwegen ganz zu schweigen. Ja, und die Hygiene. Auch deshalb mag ich es, wenn die Lebensmittel so selten wie möglich in die Hand genommen werden, bis man sie zuhause hat. Seitdem ich auf Wochenmarkt und Marktschwärmer umgestellt habe, fällt hier nun noch ein Bruchteil an Müll an: kaum noch Plastik, wenig Abfall, weil Gemüse und Obst frisch und nicht angedötscht sind. Viel hm. Pass‘ auch gut auf Dich auf, liebe Sandra. <3