Ich trete vor die Tür und setze meine Fuß in einen überraschend grauen und kühlen Montag. Es hat geregnet, endlich! Jeder Pfütze wünsche ich erfreut einen guten Morgen, während mich meine Schritte heute einen anderen Weg als gewöhnlich führen. Meine Gänge ins Heimbüro folgen eigentlich einem strengen Ritual: Immer derselbe Weg, immer die nahezu gleiche Uhrzeit, nichts erledigen, kein Portemonnaie dabei, nur ich und der Weg. Danach an den Schreibtisch, aufschreiben, was ist, was war. Der Weg in die Welt und ins Netz ist damit gemacht. Ich ging. Ich atmete. Ich dachte nach. Der Tag ist da. Ich bin im Tag.
Heute jedoch gilt es, zwei dringenden Erledigungen nachzukommen. Ich wähle absichtlich die Straßen, die ich lange nicht durchschritt. Dort steht ein Kommödchen aus Holz vor einer gülden schimmernden Tür. Perfekt arrangiert. Ich schlängele mich durch mit Autos zugestellte und vom morgendlichen Verkehr überquellende Straßen. Der Park. Der Briefkasten. Schwupp. Erledigt. Weiter.
Ich passiere Familie Nilgans bei ihrer Morgentoilette. Der Nachwuchs schon auf hohen Beinen, aber noch sehr flauschig. Die Eltern helikoptern drumherum und erwidern jeden neugierigen Blick ihrerseits mit scharfen Blicken und unwirschem Schnattern.
Die Litfaßsäulen enthalten viel Weiß dieser Tage. Ich fragte mich schon öfter, warum sie noch verhalten als Malfläche benutzt werden. Während doch sonst jede Wand mit irgendwas vollgekrakelt wird. Nun, es wird. Zumindest moralisch anders gefärbt als üblich. Die Litfaßsäule als Ort für bürgerliches Grafitti?
Ich quere den Ebertplatz und stehe an der Ampel mit Blick auf den Ort, wo Wurst auf Rolltreppenkunst trifft. Links durch die Straße, dann rechts, dann müsste irgendwann eine Abholstation kommen, doch die hat geschlossen. Ein sinister wirkender Kiosk, keine Öffnungszeiten, keine Hinweisschilder, nichts. Nun. Da werde ich wohl wiederkommen müssen.
Ich gehe eine sehr selten aufgesuchte Straße im Viertel. Die Fassadengestaltung in Köln ist durchaus speziell. Dass sich im Schaufenster Gardinen wellen und zwei Etagen drüber ebenfalls – in meinem inneren Freilichttheater legt die Belegschaft schon mal los und erzählt Geschichten von einer umtriebigen Ladeninhaberin und ihrem Gatten, der in der Küche sitzt und Kartoffeln schält. Das Haus gehört ihnen, sie sind beide in Rente und leben von der Miete. Der Laden ist außer Betrieb. Der einzige Sohn wohnt weiter weg und kommt selten zu Besuch. Regelmäßig aber kommt der Innenausstatter und nimmt die Gardinen ab zum Waschen. Und so weiter …
Eine Straße weiter blinkern fröhlich bunte Kacheln neben einer Hinterhofeinfahrt. Auch Fassadenkunst, aber anders.
Halb erledigt, aber vollends wach erreiche ich die Haustür. Wohnungstür. Tür zum Heimbüro. Na, Tag?!
P.S. Eine Straße weiter leuchtete mir bunt ein Kunstautomat entgegen. Leider hatte ich keine 2 x 2 Euro parat. Aber ein Silberstreif, fürwahr.