Manchmal möchte ich Tage im Internet verbringen und mich einfach nur durch wunderbare Blogs lesen. Im Alltagsgeschäft rauscht trotz RSS-Feeds und allem Monitoring-Klimbim vieles an mir vorbei. Gut, das ist jenseits des Bildschirms nicht anders. Nur klappt’s dort sogar ohne RSS-Feed und Monitoring. Konzerte und Lesungen verpassen, meine geheime Superkraft! Mitunter jedoch bleibt das Auge im Strom von Wörtern und Bildern hängen. Funktioniert bei mir ausgezeichnet mit Fotos von handschriftlich verfassten Texten. Zu groß ist der Ehrgeiz, auch noch die verschnörkelste Handschrift zu deuten. Zu groß ist das Entzücken über die unterschiedlichen Schriftbilder.
Eines Tages sah ich dann einen Zettel in meinem Stream. Gepostet von Autor Rüdiger Bertram, den ich im vorletzten Jahr beim ersten Heimspiel – Kölner Autoren lesen in Kölner Schulen kennenlernte. Und ich war mittendrin, in den »Geschichten vom Bürgersteig«. Und weil ich hier im Blog immer mal gern kreative Projekte mit Herzblut vorstellen, habe ich Rüdiger Bertram ein wenig ausgequetscht:
Du erzählst »Geschichten vom Bürgersteig«. Was sind das denn für Geschichten?
Ganz unterschiedliche: Kurzgeschichten, Drehbuchszenen, mal auch ein Gedicht. Meistens sind die Protagonisten Kinder oder Jugendliche – da können wir als Kinderbuchautoren nicht aus unserer Haut – es sind aber definitiv keine Kindergeschichten. Die Themen gibt uns ein Zettel vor, den ich im Herbst letzten Jahres auf dem Bürgersteig gefunden habe. Daher auch der Name unseres Projekts. Auf dem gelben Blatt hatte jemand Begriffe wie NSA, Assiclip, Killerspiele aber auch Party, Date oder Nachbarin Sex notiert.
Wo werden diese Geschichten veröffentlicht?
Frau Herden, die als einzige Frau in unserem Trio, die Technik betreut, hat uns eine Plattform gebastelt, auf der jeden Donnerstag eine neue Story von einem von uns dreien veröffentlicht wird. Die weitere Kommunikation mit unseren Lesern läuft größtenteils über Facebook.
Ihr seid zu dritt: Antje Herden, Kai Lüftner und Du, Rüdiger. Wie wurde aus den Geschichten vom Bürgersteig ein gemeinsames Projekt?
Auch wieder dank Social Media. Als ich den Zettel auf der Straße gefunden hatte, habe ich ein Bild davon bei FB eingestellt. Ohne mir viel dabei zu denken. Als ich ein paar Stunden später wieder in den Rechner schaute, hatten Antje und Kai die Idee zu den Geschichten vom Bürgersteig bereits weitgehend entwickelt. Dabei haben wir uns im realen Leben noch nie getroffen.
Welchen Stellenwert haben diese Geschichten für Dich? Oder anders gefragt: was machst Du denn eigentlich und welche Rolle spielen dabei die Geschichten vom Bürgersteig?
Nicht nur für mich, sondern auch für Antje und Kai, ist das ein wunderbarer Trainingsraum, in dem wir uns erzählerisch ausprobieren können. Wir drei schreiben ja sonst alle für große Kinder- und Jugendbuchverlage und auch wenn man da viele Freiheiten hat, ist man natürlich Zwängen unterworfen. Die gibt es hier nicht. Die einzige Anforderung ist: Die Geschichten müssen auch den beiden Kollegen gefallen.
Wie geht es mit den Geschichten vom Bürgersteig weiter?
Wir haben gerade erst die Hälfte der Stichworte abgearbeitet. Da ist noch genug Material. Außerdem wurden uns schon neue Zettel reingereicht, für die Zeit danach. Jetzt steht auf der Leipziger Buchmesse aber erstmal unsere erste gemeinsame Lesung an. Das wird das erste Mal sein, dass wir uns drei persönlich treffen. Auf den Abend am 15. März um 20.00 Uhr in der Leipziger Kinderbuchhandlung Serifee freue ich mich schon. Das wird bestimmt ein großer Spaß – fürs Publikum und für uns.
Herzlichen Dank, ich freue mich auf weitere Geschichten – und ich wünsche Euch eine wunderbare Lesung!
Blog: geschichtenvombuergersteig.blogspot.de
Facebook: facebook.com/geschichtenvombuergersteig
Rüdiger Bertram wurde in Ratingen am letzten Maitag 1967 geboren. Während und nach dem Studium (Geschichte/Germanstik/VWL) arbeitete Rüdiger als freier Journalist (Kölnische Rundschau, ZEIT, WDR) mit dem Spezialgebiet Filmwirtschaft und absolvierte eine Ausbildung zum Drehbuchautor an der damaligen Schreibschule Köln e.V. (jetzt ifs – internationale filmschule köln). Danach schrieb er Drehbücher für diverse Sitcoms („Bernds Hexe“ RTL, „Mein Chef und ich“ Sat.1) und war von 2000 bis 2012 Chefredakteur von „Film und Medien – Das Magazin“ der Film- und Medienstiftung NRW.
Rüdiger Bertram wohnt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in der Kölner Südstadt, wo er heute vor allem davon lebt, Bücher für Kinder und Jugendliche zu schreiben. „Pommes Essen“ war 2012 sein erster Kinofilm. Das Drehbuch hat er gemeinsam mit Tina von Traben geschrieben. Bis heute hat der Autor bei den Verlagen Rowohlt, Oetinger, Ravensburger, cbj und dtv Junior über 35 Bücher für junge Leser veröffentlicht. Von den sieben Bände seiner erfolgreichen „COOLMAN und ich“-Reihe wurden bislang über 160.000 Exemplare verkauft.