»Storytelling? Ach komm‘, das ist sowas von 2010, längst durch.« Nicht selten, diese Reaktion, wenn ich erzähle, dass ich mich mit Storytelling beschäftige. Andere wiederum horchen auf. Mich lässt das Thema auf jeden Fall nicht los. Denn Geschichten sind das, was uns im Web miteinander verbindet. Über den kollektiven Geschichten-, Bilder- und Wortschatz verständigen wir uns miteinander, finden Gemeinsamkeiten (und Unterschiede) und kreieren Neues. Und Storytelling beginnt mit einem Wort.
Deshalb hieß es in meiner Session beim Genobarcamp auch als erste Aufgabe: Schenk‘ mir ein Wort! Das Genobarcamp ist das Barcamp der genossenschaftlichen Bankengruppe und fand diesmal bereits zum achten Mal in Bochum bei der GLS Bank statt. Ich durfte als eine der externen Sessionanbieter anreisen und das mit meinem Lieblingsthema: Ideenfindung und Storytelling.
Barcamps nutze ich gern als Trainingslager und Spielwiese, um neue Formate in freier Wildbahn auszuprobieren. Zumal ich gerade eine neue Seminarreihe für Mitarbeiter öffentlicher Bibliotheken starte, wo es genau um das Erzählen und Finden von Geschichten für Social Media geht. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle Geschichtenerzähler sind. Wir sind nur mitunter ziemlich aus der Übung, weil wir mit dem Konsumieren und nicht dem Erzählen von Geschichten aufgewachsen sind. Allmählich ändert sich das, wenn sich auch nicht jeder traut und manche natürlich auch eher andere Talente haben.
Aber bei Storytelling für ein Unternehmen oder eine Institution im Social Web geht es immerhin auch nicht unbedingt um den Stoff für den nächsten Berlinale-Streifen und nicht um den Bachmann-Preis. Manchmal hilft es schon, an den Geschichten zu rühren, die in uns sind, an den Geschichten, die wir gelesen, gesehen oder gehört haben.
Und woraus bestehen Geschichten? Aus Bildern – und aus Wörtern. Also, schenk‘ mir ein Wort! Jeder Teilnehmer bekam die Aufgabe, sich von fünf verschiedenen Menschen ein Wort geben zu lassen.
Fünf Wörter von fünf unterschiedlichen Menschen. Das sind die Impulse von außen, die helfen können, eine Idee für eine Geschichte zu entwickeln. Absurdes ist dabei durchaus hilfreich, allein, um aus den vertrauten Denkmustern herauszukommen.
Nun braucht eine Geschichte auch ein oder mehrere Figuren. Um in der Kürze der Zeit eine Geschichte »mit Fleisch an den Rippen« zu finden, war die nächste Aufgabe, sich einen geliebten Superhelden aus Kinderbüchern oder -filmen an die Seite zu holen, der eine Rolle in der Geschichte übernimmt. Unabhängig davon, ob das nun eine Haupt- oder Nebenrolle wird: diese Lieblingshelden sind in ihren Eigenschaften in uns allen fest verankert. Sie sind ein Aufhänger, von dem aus wie von allein Geschichten entstehen können.
Batman, Superman, Michel aus Lönneberga, Pippi Langstrumpf, Robin Hood, Sam Gamdschie – die Helden waren rasch gefunden.
Auf an die Ideen für Geschichten: Kopf aufschrauben, loslegen, frei phantasieren! Es ist im Prinzip egal, ob genau diese Geschichte sich nun für Social Media eignet. Es geht darum, erstmal ins Erzählen zu kommen und zu lernen, was einem selbst hilft, um Ideen aus dem Alltag heraus in Geschichten zu überführen. Und weil’s zu einem Barcamp der genossenschaftlichen Bankengruppe so schön passte, gab es von mir eine Vorgabe für die Handlung: »Wie ich einmal aus Versehen die Welt rettete«.
Und los ging’s. Wenige Minuten nur hatten die Teilnehmer Zeit, um ihre Geschichtenskizze zu entwerfen. Denn auch Zeit kann eine Kreativitätstechnik sein, was jeder bestätigen kann, der mal mit Deadlines bei kreativen Aufgaben gearbeitet hat. Wir unterschätzen ohnehin, was an Geschichten in uns steckt. Langes Überlegen hemmt da nur. Die Teilnehmer ließen sich munter auf die Aufgabe ein – und es wurde wild!
Und nachdem wir damit durch waren, funktionierte plötzlich die Technik (danke, Hannes!) und ich konnte noch ein paar Eckpunkte und Beispiele für gelungenes Storytelling zeigen. Es war eine feine Runde und mir hat es viel Spaß gemacht. Und bei dem Interesse, das die Session auf sich zog: Nö, Storytelling ist mitnichten durch. Ätsch.
P.S. Für die Beispiele habe ich übrigens auf die Folien 27 bis 43 dieser Slides zurückgegriffen: