Ich trete vor die Tür.
Meteorologischer Herbstanfang. In diesem Jahr hält sich auch das Wetter daran. Obwohl: Ich trage zwar nun wieder eine Hose aus dickerem Stoff, aber in der Strickjacke wird mir doch recht warm. Klassisches Übergangswetter also. Die Bekleidung der Passant:innen reicht entsprechend vom Flip-Flop bis zum Stiefel, von Rock ohne Strümpfe bis zur Steppjacke mit Wollmütze. Ich irgendwo dazwischen.
In der Seitenstraße bedrückte Stimmung. Ein Polizist steht bei einer Frau. Sie hat ein Kind auf dem Arm, ein Mann steht neben ihr. Wenige Meter weiter ein anderer Polizist bei zwei Männern in Handwerkerklamotten. Sie scheinen auf etwas oder jemanden zu warten. Niemand spricht.
Die Bimmelbahn fährt zur Arbeit.
Seit kurzem auch elektrisch. Beim Anblick dieser Touristenbähnchen drängt sich mir jedesmal die Frage auf, warum die eigentlich so infantil aussehen müssen. Derweil trotzt der Mohn auf dem Grünstreifen inmitten des Verkehrs herum. September? Ihm doch egal. Er blüht. Wie ohnehin gerade noch sehr viel Wildes blüht.
Am Anleger alles ruhig. Einer liest. Als ich hinter ihm auftrabe, zuckt er zusammen. Jesses! Er war wirklich versunken. Und ich sollte wohl mal an meiner Leichtfüßigkeit arbeiten. In letzter Sekunde kann ich meine Augen noch zurückpfeifen, die sich schon – Übergriff im Sinn – auf den Weg machten, um den Titel seiner Lektüre zu überprüfen.
Bachstelzen am Rheinufer.
Ich streife ein Containermutterschiff. Ein Schwung Barken lugt aus seinen Tiefel hervor. Neugierig oder furchtsam? Beides? Ich frage mich, ob bei Neugier neben Mut vielleicht auch immer ein wenig Furcht oder auch Lustangst mitschwingt. Immerhin weiß man nie, wohin einen die Neugier führt.
Die Möglichkeiten der Barken erscheinen mir indes recht beschränkt. Aber wenige Schritte weiter treffe ich auf eine Barke, die nun schon seit zwei Jahren an derselben Stelle steht. Ohne dass es dort etwas für sie zu tun gäbe. Inzwischen ist sie Teil des Stadtbilds und offensichtlich gern aufgesuchter Platz für territorial pinkelnde Hundetiere.
Wenn ich vor die Tür trete, hopst in meinem Kopf oft alles durcheinander. Nicht selten frage ich mich, ob ich wirklich die Zeit habe, nun erstmal eine Runde durchs Viertel zu gehen, um mich an den Schreibtisch zu setzen. Der in Wahrheit nur wenige Meter vom Küchentisch entfernt ist. Ein Arbeitsweg von unter einer Minute. Aber den Arbeitsweg auszudehnen tut jedesmal einfach wohl. Gedanken sortieren sich.
Ich bin ganz im Here und Jetzt.
Auf der Hundewiese wälzen sich die Hundchen.
Es ist frisch gemäht und vermutlich wurden einige Hinterlassenschaften nochmal frisch aufgeschleudert. Das verzärtelt aussehende Getier dürfte nachher, nun, interessant duften. Weiter hinten sehe ich die beiden schon vertrauten Schäferhunde. Ich bin stets beeindruckt, wie wohlerzogen sie sind. Die Inhaberin lässt sich spielerische Übungen für sie einfallen, die ihnen sichtlich Freude machen. Dennoch haben viele Menschen und Hunde Angst vor ihnen. Ein Jammmer, denn die Beiden zeigen eigentlich allen, was für großartige Hunde Schäferhunde sein können.
Ein junger Mann mit äußerst ordentlich gekämmtem Haar wirft mir aus seinem Kinderwagen heraus ein „Na!?” zu.
Auf der Bank wieder Lektürevorschläge. Vorm Park blicke ich erfreut auf die wieder ergrünten Nadelbäume, die wegen Sturmschäden und Krankheit vor einiger Zeit fast komplett abgeholzt worden waren.
Da baumelt ein Vorschlag für sonnige und Regentage. Wohlan!