Vom 8. bis zum 10. Juni fanden die AKEP Jahrestagung und die Buchtage Berlin statt. Der AKEP ist der Arbeitskreis für elektronisches Publizieren des Verlegerausschuss im Börsenverein des deutschen Buchhandels. Etwa 200 Teilnehmer aus Verlagen, Buchhandel, Zwischenbuchhandel und Branchendienstleister trafen sich bei der AKEP Jahrestagung unter dem Motto „E-Teams – agil und flexibel im Netz“.
Wie können Verlage den Erfolg ihrer Aktivitäten im Social Web messen?
Diese Frage stand im Mittelpunkt meines Workshops „Social Monitoring für Verlage“, gut besucht von Teilnehmern aus sehr unterschiedlichen Verlagen und mit sehr heterogenen Erfahrungen im Social Web. Es entspann sich zunehmend eine guter Austausch und Fragen nach Organisation, Aufwand und Praxisbeispielen wurden gestellt. Steffen Meier, Verlagsleiter Online des Ulmer Verlags, hat den anderen Teilnehmern einen hochinteressanten Einblick geben können, wie im Ulmer Verlag Social Media Monitoring eingesetzt wird und welche Schlüsse sich aus der Beobachtung, Analyse und Interpretation des Social Web ziehen lassen.
Ich stelle fest, dass zwei Aspekte bei meinen Vorträgen und Workshops in den letzten Monaten wie auch in den sich anschließenden Diskussionen klar in den Vordergrund treten:
Man nehme …
Gewöhnungsbedürftig ist offensichtlich, dass es nicht ausreicht, Kommunikation im Social Web allein mit Kennzahlen und quantitativen Messwerten zu erfassen. Das klassische Online Marketing mag uns dahingehend etwas verwöhnt haben, dass sich dort hervorragend Kennzahlen definieren und messen lassen. Social Media ist Kommunikation zwischen Menschen – und diese lässt sich mit Zahlen allein nicht erfassen.
Gefordert ist eine Kombination aus quantitativen und qualitativen Messwerten und die Interpretation der Ergebnisse mit umsichtigem Blick auf definierte Ziele. Von entscheidender Bedeutung ist die Überlegung, was der Verlag in Social Media erreichen will – und anhand welcher Messwerte sich ein Erfolg oder Misserfolg ablesen lässt. Diese Ziele sollten regelmäßig überprüft werden. Sie unterliegen einer Entwicklung, weshalb man sich nicht verkrampfen sollte, wenn sich Ziele als ungeeignet oder nicht erreichbar herausstellen. Somit ist Social Media nichts Ungewöhnliches, denn Gleiches gilt auch für alle anderen Strategien und Prozesse in einem Verlag. Eine entspannte und neugierige Experimentierfreude hilft dabei allerdings ungemein.
Das bisschen Social Media erledigt sich von allein?
Eine weiterer wichtiger Aspekt ist die Erkenntnis, wie zeit- und arbeitsintensiv ein Engagement in Social Media ist. Wer neben PR und Marketing „nebenher“ einen weiteren Kommunikationskanal für sich erschließt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch nur „nebenher“-Ergebnisse erzielen. Hier gilt es, bestehende Arbeitsabläufe, Kommunikationsmittel und Stellenbeschreibungen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Welche Funktionen und Aufgaben lassen sich möglicherweise über Social Media besser abbilden und erfüllen? Welche müssen im Verlag neu eingeplant werden?
Zusätzlich gilt es, sich im Verlag bewusst zu machen, dass es sich bei Social Media nicht um einen Wurmfortsatz von PR und Marketing handelt. Social Media sollte meiner Ansicht nach als eigenständiger Kommunikationskanal betrachtet werden. Mit Schnittstellen zu PR und Marketing, aber durchaus auch anderen Abteilungen. Welche dieser Abteilungen letztlich den Aufbau und die Pflege von Social Media übernimmt, hängt von der Zielsetzung und Strategie ab. Wie auch von den Mitarbeitern, die diese Aufgaben übernehmen und möglicherweise Schulungen und fachliche Unterstützung von außen benötigen.
Sprechen wir über die Social Media Kaffeerunde, Fußball & Kochkunst
Erfreulich ist das wachsende Interesse am Thema und das aufkeimende Verständnis, dass am Social Web wohl doch mehr dran ist als der Austausch über Nichtigkeiten und reine Schwatzhaftigkeit. Wenngleich man nicht vergessen darf, dass diese hübschen, kleinen Nichtigkeiten zu jeder Kommunikation zwischen Menschen dazugehören. Wer dies verleugnet, sehe sich mal bei Amazon nach im Bereich Bücher › Ratgeber (Business) › Kommunikation › Gesprächsführung um. Der Bedarf nach Nachhilfe in Sachen Smart & Small Talk scheint immens hoch zu sein. Hilfe zur Selbsthilfe bieten Twitter, Facebook und andere soziale Netzwerke. Von allen anderen Möglichkeiten für Verlage zur Produkt-, Marken- und Unternehmenskommunikation einmal abgesehen …
Liebe Wibke,
danke für die schöne Zusammenfassung. Das Wort „Verlag“ kann hier durchaus durch das Wort „Unternehmen“ ersetzt werden, denn diese Tipps gelten immer und überall.
Über deine Tipps hinaus finde ich die Transparenz wichtig. Also die Erkenntnis, dass eine Öffnung in die Social Media auch und vor allem bedeutet, dass man sich in jeder Hinsicht angreifbar macht, machen muss. Social Media basiert auf absoluter Aufrichtigkeit dem Nutzer gegenüber, denn Social Media verzeiht weder kleine und schon gar nicht große Fehltritte. Beispiele hierfür gibt es viele, einer der prominentesten ist wohl der „Shitstorm“ gegen Pril.
Bevor sich ein Unternehmen/Verlag auf dieses Glatteis begibt, sollten Strategie und Philisophie feststehen, die man vertreten möchte. Sie bieten Halt, wenn es einmal rutschig wird. Den Fakt, dass Social Media kein Marketing und damit keine Einnahmequelle ist, kann man gar nicht oft genug wiederholen. Sicher gibt es Unternehmen, die über Social Media ihre Kunden gewinnen, aber das ging auch nie von heute auf morgen. Allerdings scheinen manche Chefs das geflissentlich zu übersehen und scheitern regelmäßig auf diesem Gebiet.
Meint Juliane.
Liebe Juliane,
herzlichen Dank für Deine Meinung und Deine Ergänzungen. Ganz richtig, für Verlage gelten keine anderen Regeln als für andere Unternehmen auch. In diesem Fall fand mein Workshop im Rahmen der AKEP Jahrestagung statt, wo sich vornehmlich Verlagsmenschen tummelten.
Was die Fehler betrifft, bin ich jedoch etwas anderer Meinung. Je „menschlicher“ ein Unternehmen auftritt, desto eher werden auch Fehler verziehen. Und viele der Shitstorms, von denen ich im letzten Jahr im Rahmen von Vorträgen und Workshops berichtet habe, sind heute bereits wieder vergessen und der wirtschaftliche Schaden für die Unternehmen gering. Ich erinnere an Jack Wolfskin.
Auch was Pril betrifft: In unserer Social Media-geprägten Welt mag das Hallo groß gewesen sein. Ob sich das in den Verkäufen niederschlägt? Mir liegen keine Zahlen vor, ich möchte es jedoch bezweifeln. Bei TelDaFax wird der Fall anders liegen, was aber auch damit zusammenhängen wird, dass im „Backoffice“ und beim Produkt so einiges nicht stimmt.
Mein Rat an die Unternehmen ist, sich ein klares Bild über sich selbst zu verschaffen und mögliche „Leichen im Keller“ zu identifizieren. Und einen Notfallplan bereitzuhalten, wenn etwas schiefgeht.
Was die überzogenen Erwartungen betrifft, so stimme ich Dir allerdings vollkommen hinzu. Tischlein-deck-dich und Goldesel habe ich zumindest bislang noch nicht erblickt … ;-).
Sonnige Grüße, Wibke.
Liebe Wibke,
du sagst es: „je menschlicher“ man sich präsentiert, desto eher wird verziehen. Da bin ich bei dir. Ich hatte mit meiner Äußerung die Unternehmen im Kopf, die auf diesem Wege versuchen, Geld zu drucken und ihre Kunden über den Tisch zu ziehen.
Dass sich die Einbrüche bei den Verkaufszahlen bei Unternehmen in Grenzen halten, deren Hauptkundenstamm eher offline ist, erklärt sich von selbst. Die meisten Pril-Käufer haben von der Aktion vermutlich kaum etwas mitbekommen, ähnlich wie Käufer von Jack Wolfskin. Wobei bei es sich bei letzteren ohnehin um eine sehr spezielle Käufergruppe mit sehr speziellen Bedürfnissen handelt, denen im Ernstfall das Schicksal einiger kleinerer Webshops egal sein dürfte.
Ich habe heute ein feines Schmankerl dazu gefunden, auch, wenn ich am Wochenende gerade hörte, dass diese Erfolge wohl nur für die amerikanische Fanpage gelten. http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/strategie/starbucks-als-paradebeispiel-fuer-das-einbinden-der-kunden/4282544.html
Wolkig-verhangene Grüße (des Wetters wegen, nicht der Stimmung geschuldet)
sendet
Juliane
Fabelhaft, danke für den Link! Und bis bald hier und da :-). Die gegenseitige Vernetzung ist heute ordentlich vorangekommen.