„Nicht viel Kluges, ein wenig gearbeitet.“
Ich las im vergangenen Jahr nach langer Zeit wieder in den Tagebüchern von Stefan Zweig. Eins der Bücher, die ich erneut oder erstmals in die Hand nahm. Erinnere ich mich an die Bücher, die ich gelesen habe, erinnere ich mich an die Orte und Gegebenheiten, während ich sie las. Ich erinnere mich daran, was mich beschäftigte, was mich vielleicht von der Lektüre ablenkte oder mich anders über Geschehnisse und Befindlichkeiten nachdenken ließ.
Nicht an jedes Buch vermag ich mich zu erinnern. Manche landeten nach dem Anlesen im öffentlichen Bücherschrank. Nicht wenige Hörbücher gelten als gehört, auch wenn ich beinahe jeden Satz friedlich verschlafen habe. Andere Bücher werde nie in Gänze gelesen sein, weil ich nur hin und wieder und vor allem wieder in ihnen lese, um Trost oder Inspiration zu finden. Liest man Kochbücher, Gedichtbände oder umfangreiche Textsammlungen in einem Rutsch oder blättert man nicht vielmehr, flaniert und spaziert durch die Seiten, klaubt sich hier und da Sätze und Gedanken wie reife Himbeeren vom Strauch und lässt andere einstweilen hängen?
Hängen blieb etwa dieses Gedicht:
Immergrün
Die Seele
Fliegt mit den
Eulen und es
Schneit Federn.
Frühling ist ein
Möwengefiederter
Bengel aus Schottland mit
Bärlauchatem.
Der Kater fängt die
Maus mit weißen
Samthandschuhn.Sarah Kirsch
Geknipst
Weiter unten gibt es noch einen kleinen Fotorückblick, nachdem ich vom Jahr in Bildern bei Ute und Anke so entzückt war. Ein Jahr im Schnelldurchlauf mit zwei Bildern jeweils für einen Monat. Das Tagebuch in Bild und Text gibt es vor allem bei Instagram. Was ich womöglich in diesem Jahr ändere, denn seit Mastodon fällt mir wieder auf, wie abgeschlossen die kommerziell getriebenen Social-Media-Plattformen sind.
Gelesen
Irene Vallejo, Papyrus (Aus dem Spanischen von Maria Meinel und Luis Ruby)
Jaroslav Rudiš, Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen
Helena Adler, Fretten
Joachim B. Schmidt, Tell
Kerstin Ehmer und Beate Hindermann, Die Schule der Trunkenheit
Judith Holofernes, Die Träume anderer Leute
Daniela Dröscher, Lügen über meine Mutter
Nava Ebrahimi, Sechzehn Wörter
Maren Gottschalk, Fräulein Steiff
Patrick Modiano, Das große Vergessen (Aus dem Französischen von Elisabeth Edl)
Marianne Fredriksson, Hannas Töchter (Aus dem Schwedischen von Senta Kapoun)
Elizabeth Strout, Die langen Abende (Aus dem Amerikanischen von Sabine Roth)
Elizabeth Strout, Oh William! (Aus dem Amerikanischen von Sabine Roth)
Abbas Khider, Palast der Miserablen
Abbas Khider, Der Erinnerungsfälscher
Marie-Hélène Lafon, Geschichte des Sohnes (Aus dem Französischen von Andrea Spingler)
Wilfred Owen, Die Erbärmlichkeit des Krieges (Aus dem Englischen von Johannes CS Frank, mit Illustrationen von Andrea Schmidt)
Dinçer Güçyeter, Mein Prinz, ich bin das Ghetto
Doris Dörrie, Die Heldin reist
Jan Röhnert, Vom Gehen im Karst
Jane Gardam, Robinsons Tochter (Aus dem Englischen von Isabel Bogdan)
Hannah Ross, Revolutions (Aus dem Amerikanischen von Daniel Beskos)
Ayelet Gundar-Goshen, Löwen wecken (Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama)
Raynor Winn, Der Salzpfad (Aus dem Englischen von Heide Horn und Christa Prummer-Lehmair)
Bonnie Garmus, Eine Frage der Chemie (Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann)
Daniela Dröscher, Lügen über meine Mutter
Frédéric Valin, Pflegeprotokolle
Wilfried Owen, Erbärmlichkeit des Krieges (Aus dem Englischen von Johannes CS Frank, mit Illustrationen von Andrea Schmidt)
Dincer Gücyeter, Mein Prinz, ich bin das Ghetto
Kat Menschik, Tomaten
Rachid Benzine, Als ich ihr Balzac vorlas (Aus dem Französischen von Andreas Jandl)
Virginia Woolf, Freiheit ist erst der Anfang (Aus dem Englischen von Isabel Bogdan)
Inspiration
Grün – Farbe des Lebens (Insel)
Deutsche Sprichwörter, illustriert von Mehrdad Zaeri (Insel)
April – Gedichte
„Wer, wenn ich schrie, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen?“ Rainer Maria Rilke, Duineser Elegien
Marie-Luise Kreuter, Der Bio-Garten
Simone Kern, Der antiautoritäre Garten
Florian Werner, Die Kuh
Stefan Amato, Bikepacking
Kochbuch
Jürgen Andruschkewitsch, Der Naturkoch
Nicht beendet
Claudia Schumacher, Liebe ist gewaltig (hat mich erschüttert und musste Pause machen, lese es noch zuende)
Gisa Klönne, Für diesen Sommer (fand nicht rein)
Simona Baldelli, Die Rebellin der Alfonsina Strada (Aus dem Italienischen von Karin Diemerling) – beendet, aber am Ende flüchtig, fand ich thematisch überfrachtet und zugleich dünn erzählt.
Tarjei Vesaas, Die Vögel (Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel) – beendet, aber am Ende flüchtig, fand keinen Zugang.
Sasha Filipenko, Rote Kreuze (Aus dem Russischen von Ruth Altenhofer) – beendet, aber am Ende flüchtig, fand keinen Zugang.
James Joyce, Ulysses (in der Übersetzung von Hans Wollschläger, lese immer mal wieder ein Stück)
Stefan Zweigs Tagebücher (blätternd und immer wieder etwas)
Jonathan Lee, der Große Fehler (Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence) – erst super, dann etwas ermüdend.
Esther Kinsky, Rombo (werde ich noch weiterlesen)
Serhiy Zhadan, Die Erfindung des Jazz im Donbass (Aus dem Ukrainischen von Juri Durkot und Sabine Stöhr) – ich finde ihn super, ein toller Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Lesung und Konzert waren grandios, aber das Buch ist nicht meins.
Evke Rulffes, Die Erfindung der Hausfrau (bin noch dran)
Christiane Hoffmann, Alles, was wir nicht erinnern
Angelesen
Kim de l’Horizon, Blutbuch (lese ich auf jeden Fall noch ganz)
Für die Preisverleihung Lieblingsbuch der Unabhängigen auf der Buchmesse je 100 Seiten gelesen
Fatma Aydemir, Dschinns (lese ich noch ganz)
Martin Kordić, Jahre mit Martha (lese ich noch ganz)
Jan Weiler, Der Markisenmann (nur 80 geschafft – war nicht meins)
Hörbücher – einige von vielen, weil ich eigentlich ständig Hörbücher höre
Mariana Leky, Die Herrenausstatterin
Leky, Erste Hilfe (abgebrochen)
Leky, Was man von hier aus sehen kann
Leky, Der Buddhist und ich (Hörspiel)
Sissinghurst – Portrait eines Gartens (mehrfach via Onleihe gehört)
10 Atemzüge (Hörspiel-Reihe in der ARD-Audiothek)
Tove Ditlevsen, Kindheit (abgebrochen)
Jane Austen, gelesen von Eva Mattes (laufend)
Alena Schröder, Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
Serhiy Zhadan, Internet (abgebrochen)
Magazin-Entdeckung
ZEITmagazin Wochenmarkt (Elisabeth Raether – sehr toll)
Ein Text von mir erschienen in
Das Museum in Zeiten der Pandemie, herausgegeben von Jörn Brunotte, Transkript Verlag
Die Herzschläge nicht zählen
Delphine tanzen lassen
Länder aufstöbern
aus Worten Welten rufen
horchen was Bach
zu sagen hat
Tolstoi bewundern
sich freuen
trauern
höher leben
tiefer leben
noch und nochNicht fertig werden
(Rose Ausländer)
Wieviel ich wohl vergessen habe? Auch das gehört zum Lesen. Manches flutscht durch. Und das liegt nicht mal stets am Buch. Manchmal ist man mit dem Kopf oder mit dem Herzen woanders. Und nun geht das Lesen weiter. Ein beruhigend großer Stapel Ungelesenes befindet sich in Reichweite. Im Buchladen taucht immer wieder Gutes auf. Und worauf man selbst nicht kommt, wird durch die Kolleg*innen im Buchladen, Freund*innen, das Radio, befreundete Blogs oder das Internet an einen herangetragen.
Nicht fertig werden.
Weiter lesen.
Weiter leben.
Januar
Februar
Über das Buch Zur Nacht.
März
Ich schrieb über die Zeit in der Matratzengruft.
April
Wo Gemeinschaft beginnt: Über die Märzrunde in Simonskall.
Mai
Über die Wallonie und unser Treffen in Namur.
Zum Museum Wagenschwend und seht Euch unbedingt diesen Film über Hanka an.
Juni
Über die Reise mit Rad und Zelt durch die Berge ans Meer.
Juli
August
September
Oktober
Ein Besuch in Mons und bei Mirò.
Das Buchladenblog.
November
Es war auch der Monat, in dem ich 50 wurde. Der Geburtstag geht wie in jedem Jahr etwas unter, weil der November traditionell arbeitsreich ist. Diesmal gab es aber eine ganz besondere Überraschung für mich.
Dezember
Gesprochen
Mit Peter Otten pflege ich seit Beginn 2020 einen Podcast: Agnes trifft. Im vergangenen Jahr sprachen wir über das Agnesviertel, Listen, Verlust, ABBA (mit Stargast und ABBA-Apologeten Stephan Schwering), Pause, Wald, Liebe und Poesie, Hoffnung, Glauben und den heiligsten Moment. Wir sprechen über das, was uns und die Welt bewegt und nähern uns dem Thema suchend an. Ein enormes Glück und das offenbar nicht allein für uns, denn es gibt wundervolle Rückmeldungen und treue Hörer*innen nah und fern. Die Liste der Themen, über die wir noch oder wieder sprechen möchten, ist lang. Wir machen also auch in diesem Jahr weiter.
Junge Junge, du liest wirklich viel! ????Und es beeindruckt mich, dass du das dann auch noch alles weißt. (Oder führst du eine Leseliste?) Ich vergesse es sofort, wenn ich ein Buch ausgelesen habe und das nächste angefangen habe. 😉
Sehr schön, auch nochmal dein Jahr in Fotos zu sehen und gemeinsame Erinnerungen zu haben. <3
Ich bin auch erstaunt, wie viele Bücher es dann doch sind. Die Arbeit im Buchladen und der Austausch mit den Kolleginnen und dem Kollegen spornt an! Ich habe Instagram als Gedächtnisstütze. Daher sind mir aber vermutlich einige durchgegangen, denn nicht jedes Buch erhält ein Posting. Vielleicht wäre eine Liste praktisch, aber dafür bin ich nicht geschaffen … In der Zeit lese ich lieber, lol.
Danke für die Inspiration mit dem Fotorückblick. Freue mich schon auf unsere #KultourWallonie und das nächste Kulturbütterken.
Ach, wie fein, auch bei dir nochmal mit durch das Jahr zu tapsen. Dein Lesepensum beeindruckt mich aber auch.
Hach, die Wallonie. Ich fahre ja schon bald auf deinen Spuren nach Durbuy.
Und im Mai tanzen wir dann wieder zusammen! Wie schö
Jippie, ja, was für ein Gewinn die Wallonie doch ist. Ich wünsche Euch jetzt schon mal eine gute Zeit im hübschen Durbuy.
Toller, inspirierender Jahresrückblick! 2023 soll mit einem kooperativen Knie und einem passenden Garten beglücken – auch wenn das Lesen dann etwas kürzer kommt 🙂
Danke Dir, Diane! Dein Garten war uns doch auch sehr Inspiration. Möge das neue Jahr ein gutes für Dich werden.
So ein schöner Jahresrückblick, so schöne Fotos! Und die Erinnerung an eine tolle Begegnung im Odenwald, danke auch dafür!
Das war aber auch schön bei Euch. Ich winke herzlich gen Odenwald!
Lese die immer gerne im bewährten Wibke-Stil. Auch wenn Instagram und Twitter gleichzeitig zusammenbrechen. 🙂
Hach, danke, Damian! Was die Welt im Innersten zusammenhält.