Eigentlich ziemlich verrückt, mich gleich im Anschluß an die AKEP Jahrestagung wieder in die Bahn zu setzen. Diesmal ging’s in den Ruhrpott, nach Oberhausen. Aber wenn der stARTkosmos ruft, folge ich nur gern. Kaum zu glauben, dass ich erst 2011 Frank Tentler und die ganze stART-Familie kennenlernte und meine erste stARTconference besuchte. Und als stART11e gleich im Helferteam landete. 2011 haben wir Herbergsmütter dann unser erstes stARTcamp Köln veranstaltet.
Für alle, die sich ob dieser ganzen „stART“-Begriffe wundern: 2009 fand zum ersten Mal die stARTconference in Duisburg statt, eine Konferenz über Kunst, Kultur und Social Media. Diese Veranstaltung war der Inkubator für viele, die das Social Web für Kunst- und Kulturvermittlung einsetzen. In der Folge entstanden stARTcamps, die diese Themen im Barcamp-Format aufgriffen. Seit 2011 eben auch in Köln, wo wir am 13. September 2013 zum dritten Mal unser stARTcamp Köln veranstalten werden.
Kunst, Kultur, Kreativität und Social Media
Nun kam der Ruf aus Oberhausen, zum ersten stARTcamp Ruhr York am 20. / 21. Juni 2013. Im ehemaligen Zechengebäude Druckluft trafen sich Menschen aus der Kultur- und Kreativszene, um sich beispielsweise über Storytelling, Social Impact Optimization (SIO), Location-Based Services und Social Media für Theater oder klassische Orchester auszutauschen (Sessionplan für Tag 2). Auch Büchermenschen waren anwesend, unter anderem eine sehr muntere Buchhändlerin, was mich besonders freute.
In fabelhaft entspannter Atmosphäre (das Druckluft ist ein charmant verratzter, angepunkter Veranstaltungsort mit Platz für Gespräche, Sessions und einem wunderbaren Biergarten), bei bestem Wetter und hervorragender Verköstigung wurde es für mich persönlich sowas wie ein Urlaubstag.
Ich empfinde es als Luxus, einen Tag lang so wohlumsorgt mit klugen, interessanten Menschen über Lieblingsthemen sprechen zu können, ob über eigene Ideen und Projekte oder über Gedanken, die Arbeit und Anregungen von anderen.
Für mich zeichnen sich die stARTcamps dadurch aus, dass der Fokus nicht auf Technologien und Tools liegt, sondern dass die Auswirkungen auf Kultur, Gesellschaft und Politik oder die konkrete Anwendung unseres inzwischen recht differenzierten Wissens im Mittelpunkt stehen.
Am ersten Tag fand übrigens ein „Zirkeltraining“ statt, ersonnen von Marc Nikoleit, mit dem vor allem Frischlinge in Sachen Social Web angesprochen wurden. Das muss wirklich klasse gewesen sein, nachzulesen bei Claudia Wagner. Ich saß da ja leider in der Bahn auf der Rückfahrt von Berlin …
Was habe ich denn nun beim stARTcamp Ruhr York getrieben?
Es gab ein Telefongespräch. Ungefähr zwei, drei Wochen vorher. Harald Link (u.a. einer der Mitveranstalter des stARTcamp München und einer der Kulturkonsorten) und ich sprachen, kicherten, fabulierten – und plötzlich gab es da diese Idee einer Kulturblogplattform, um etwa die Wahrnehmung unserer stARTcamps zu erhöhen, aber auch die Sichtbarkeit der vielen, verstreuten Blogs zum Thema Kulturvermittlung. Oder auch, um Menschen ohne eigenes Blog eine Möglichkeit zum Veröffentlichen zu bieten.
Zu dieser Idee haben wir dann auch eine Session gemacht, die erfreulich viel Zuspruch fand. Mehr zur Idee und zum weiteren Vorgehen dann in einem eigenen Beitrag.
Budenzauber, Wortsalat und ein Wort für den Ort
Meine Lieblingssession dann mit @kulturtussi Anke von Heyl: Kreatives Schreiben. Es wird soviel ins Internet geschrieben. Fabelhaft, wenn es leichtfällt. Unangenehm, wenn man vorm weißen Bildschirm sitzt und das Hirn „Tilt!“ macht. Wer rein privat schreibt, kann sich mit einem Achselzucken anderen Dingen zuwenden und auf einen neuen Schub Buchstaben warten. Wer allerdings Schreiben für seinen Berufsalltag braucht, gerät schon mal ins Schwitzen. Nichts ist langweiliger als langweilige Texte.
Anke hat mit uns gespielt. Budenzauber! Wer sich schon gemütlich hingesetzt hatte und auf den Powerpoint-Vortrag wartete, wurde rasch eines anderen belehrt. Zunächst galt es, in Gruppen „Ein Wort für den Ort“ zu finden. „Bunt, Muff, Punk … Pinkepunke!“ Unsere Gruppe hatte rasch das passende Wort und wir klebten es mit Blümchenklebeband an eine Tür.
Die nächste Aufgabe war, zu den einzelnen Buchstaben unseres Worts weitere Wörter zu bilden. Die Wörter strömten aus uns heraus. Dann teilte Herbergsmutter Anke Wortsalat aus und wir dichteten mit Wortschnipseln. Das hätte ich den ganzen Tag über machen können! Prima Übungen, wenn man mal eine Ladehemmung im Schreibzentrum hat.
Im Storify kann man die Ergebnisse sehen.
Irgendwie bin ich dann nach der Mittagpause (Leckerlecker Wraps! Sonne! Cider!) im Biergarten hängengeblieben. Einfach mal Raum und Zeit für gute Gespräche. Herrlich.
Solidarität, Social Media und #occupygezi
Es blieb der Tag der Lieblingssessions. Denn auch die Session von Marc Nikoleit über Social Media und die Türkei, #occupygezi, #occupybrasil und den Arabischen Frühling war faszinierend. Marc hat Freunde in Istanbul und kurzerhand mit Resistanbul Ruhr für Blog, Facebookseite und Twitter Informationen zusammengestellt oder überhaupt erst zugänglich gemacht. Livestreams, Interviews und Liveberichte stellte er online. Einen Tag nach dem stARTcamp ist Marc selbst in die Türkei gefahren und berichtet seitdem vor Ort.
Es entspannen sich lebhafte Diskussionen über Aufgabe und Rolle der klassischen Medien. Wir tauschten uns über unsere Wahrnehmung aus. Letztlich waren wir uns alle einig, dass es wichtig ist, Solidarität zu zeigen mit den Bloggern und Twitterern, die in Krisen helfen und sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Denn das ist auch, was Marc aus der Türkei berichtet: Die Menschen dort sind dankbar, wenn sie mit ihren Anliegen wahrgenommen werden. Solidarität!
Hömma, dat war töffte!
Wir mussten dann noch ein bißchen im Biergarten sitzen. Schwatzen. Ich mußte immer wieder grinsen, wenn jemand im Ruhrpott-Slang sprach. Ich mag das. Echt jetzt!
Irgendwie haben wir Herbergsmütter dann auch noch schnell eine Art „Tanz das stARTcamp“ erfunden, irgendwas mit teuflisch gut, große Sonne – und Solidarität. Final auf Vine gebannt im Kölner Hauptbahnhof.
Danke, liebes stARTcamp Ruhr York! Ihr wart wundervoll.
Und wer jetzt seufzt: Am Donnerstag gibt’s die plastikBAR #twonnerstag im Lehmbruckmuseum in Duisburg. wir Herbergsmütter dürfen uns vortragenderweise ganz unseren Lieblingsthemen hingeben: Bücher, Museen, Kunst, Twitter und Essen!