„Kommst du mit dem Fahrrad?”
Kurze Zeit vorher studierte ich noch die Anfahrtswege nach Dieburg. Dort findet seit 2013 das Content Strategy Camp statt. Das Barcamp konzentriert sich auf Content Marketing und Contentstrategien. Das COSCA reizte mich aus der Ferne schon von Beginn an: Hohe Qualität der Inhalte, gute Leute und einfach top organisiert. Aber es fand immer im Frühsommer statt, wo es für michregelmäßig mit Workshops oder anderen Projekten kollidierte. Nun also mal im Herbst, zack, angemeldet – und dann fragte Sascha Stoltenow, einer der Organisatoren des COSCA und sehr geschätzter Kollegenfreund, ob ich mit dem Rad komme.
Und so lieh ich mir für mein Rennrad eine Satteltasche, legte mir mit komoot eine Strecke zurecht, plante aufgrund der Entfernung in Kombination mit meiner Form und dem Wetter ein Stück mit der Bahn ein und buchte eine Unterkunft mit Einschließmöglichkeit für mein Rad. Die einzige Unterkunft in Darmstadt, die sowas anbietet: Die Jugendherberge. Das passt.
Oft ist es doch so, dass man bei Veranstaltungen möglichst schnell irgendwo ankommen möchte. Nur im Urlaub ist es anders, zumindest liebe ich es, gemächlich zu reisen und mich auf den Weg einzulassen. Das geht auch im Alltag.
Reisen, das beginnt hinter der Wohnungstür.
In der Bahn mit mittelalten E-Bike-Fahrern, die sich offenbar ein feucht-fröhliches Wochenende an der Mosel zu machen gedachten. Verwirrung auf der Suche nach dem Weg in Bingen, bis ich endlich den Rhein erreichte. Vom Rhein weg in die Weinberge um Ingelheim. In Mainz mitten im Bauernstreik gelandet. Umzingelt von Traktoren. Dann über den Main. Endlose Landstraßen Richtung Darmstadt. An einem regennassen Freitag, der die Auto- und LKW-Fahrer*innen nicht unbedingt friedlicher machte. Über Radwege mit überraschend tiefen Pfützen, aber bunten Kürbisständen am Wegesrand. Und am Ende noch eine kleine Odyssee durchs mit Autos verstopfte Darmstadt, bis ich mit ein paar Zentimetern Wasser in den Radschuhen, aber glücklich und gelüftet in der Jugendherberge landete. Rad gut einschließen. Heiße Dusche, kaltes Bier. Alle Klamotten auf die Heizung. Abendessen. Einschlafen mit dem netten Quaken der Enten auf dem See vorm Fenster.
Am nächsten Morgen holte mich Sascha an der Jugendherbege ab und wir fuhren miteinander nach Dieburg. Das war für uns beide quasi die erste Session, besser geht’s nicht. Zwanzig Kilometer waren wir auf dem Mediencampus der Hochschule Darmstadt. Das COSCA hatte bereits am Freitag angefangen. Der Samstag gilt, wie so viele zweite Tage bei Barcamps, als Qualitätstag, eine Motivation für alle, die sich zwei Tage Barcamp geben oder eben einen Samstag hergeben. Es war für mich ein großes Hallo, denn ich traf viele Weggefährt*innen aus der Zeit, als ich mich noch stärker in der Kommunikationscommunity umtat. Und ein Bibliotheksmensch war da, wie schön!
Und wie war’s nun, das Content Strategy Camp?
Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Influencern, Narrative zum Klimastreik, Welche Inhalte überzeugen KMU-Entscheider, Berufbild Communitxy Manager. Das waren die Sessons, die ich besuchte. Und wie ich es erwartet hatte: Der Austausch fand auf einem hohen Niveau und mit großer Offenheit statt, die Atmosphäre war famos, die Location auch und ich war froh, es endlich mal zum Content Strategy Camp geschafft zu haben. Gewiss nicht zum letzten Mal.
Meine temporäre Barcamp-Müdigkeit hatte ich schon beim letzten Barcamp Köln überwunden (wo es eine geniale Kreativbastelstube gab). Fürs nächste Jahr plane ich, mindestens drei ganz unterschiedliche Barcamps zu besuchen. Das ist das Schöne an diesem Veranstaltungsformat: Im Unterschied zu Konferenzen und Tagungen kommt man bei Barcamps problemlos mit Menschen in Kontakt und ins Gespräch. Und man erfährt auch bei fremden Themen, über welche Aspekte aktuell diskutiert wird.
Wer mehr über das COSCA erfahren möchte: Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kommunikation hat nicht nur Links zusammengefasst, sondern auch etwas darüber geschrieben, was dieses Barcamp ausmacht. Außerdem gibt es einen Drive-Ordner, in dem man viele Materialien zu den einzelnen Sessions findet. Und den Sessionplan.
Nun liegt das Content Strategy Camp bereits eine Weise zurück, aber es bleibt haften. Einen Besuch dort möchte ich allen empfehlen, die sich mit Kommunikation im weitesten Sinne auseinandersetzen. Und ich gebe den Wunsch des Organisationsteams weiter, dass auch Menschen mit einem Gestaltungshintergrund herzlich eingeladen sind, etwa Grafik oder UX Design.
Reisen statt Ankommen
Und wenn irgend möglich, werde ich wieder mit dem Rad und der Bahn zu Barcamps oder anderen Veranstaltungen reisen. Die allmähliche Annäherung an einen Ort gleicht einer Pilgerreise. Während des Fahrens beschäftigt sich der Kopf schon mal mit dem Thema, auf das man sich zubewegt. Und dasselbe zurück: Vieles klärt sich im Fahren. Und wer sagt, dass sich Reisen auf den Urlaub beschränken muss?
Der Rückweg wurde allerdings ein wenig erschwert von einem Sturmtief, das mich am Sonntagmorgen mit seinen Böen erstmal in die Bahn in Darmstadt trieb. Mit der Regionalbahn ging es nach Mainz, von wo aus ich dann noch ein herrliches Stück Weg nach Bingen fuhr. Nebst Einkehr in einem Biergarten mit Rieslingschorle und Blick auf Rhein und Wein. Der Wind hatte praktischerweise die Regenwolken vertrieben. (Und mit der Bahn hat auch alles bestens geklappt. Halleluja!)
Auf welchem Barcamp sehen wir uns im nächsten Jahr?