Tja, das war’s dann wohl. Nun brauchst du gar nicht erst wieder anzufangen.
Ich trete vor die Tür und drehe meiner inneren Fatalistin eine lange Nase.
Um ein Haar hätte sie gewonnen. Wieder einmal. Ihr Trick ist immer derselbe: Kaum genügt man mal seinen inneren Ansprüchen nicht oder führt das Vorgenommene nicht aus wie geplant, grätscht sie rein und behauptet, nun sei alles zu spät, das habe sie gleich gewusst, kennt man doch nicht anders, man sei enttäuscht, denn der Zeitpunkt, der einzig richtige Zeitpunkt sei ja nun leider (!) verpasst. Denn neulich war ich zu spät für meinen Gang ins Heimbüro. Anstatt gleich nach dem Frühstück in Schuhe und Jacke zu springen und vor die Tür zu treten, erlaubte ich mir ein frühes Telefonat. Daraufhin beantworte ich zwei Mails. Schon war es später als sonst und ich zitiere die innere Fatalistin: Na, dann brauchst du ja heute gar nicht mehr damit anzufangen! Wohlgemerkt: Es war neun Uhr.
Ich hatte diesen Quälgeist in letzter Zeit öfter am Wickel. Ist die innere Fatalistin doch verwöhnt: Wie oft stimmte ich beinahe erleichtert ein, wenn sie eine Eingabe machte, gab neue Gewohnheiten mit einem befreiten Seufzer auf und richtete mich wieder im Altvertrauten ein. Unzufrieden, ja, aber die Fatalistin in mir klatschte in die Hände und lehnte sich gemütlich zurück.
Dieser Tage jedoch hat sie sich in eine klagende Operndiva verwandelt, die Hände ringt und nach Wodka ruft. Mich stimmt das zufrieden. Denn auch wenn ich es nicht jeden Tag hinbekomme, meinen Weg ins Heimbüro zu gehen und meine Gedanken dazu aufzuzeichnen, selbst wenn ich es nicht jeden Tag schaffe, das Abendessen wegzulassen (eine bisher verschwiegene Tat – mein Fell sitzt augenblicklich schlicht zu eng): Papperlapapp, ich gehe dann eben später oder mache am nächsten Tag weiter. Es klingt so einfach, doch scheiterten vergleichbare Vorhaben oft an dieser Fatalistin in mir, die mit großer Gewandtheit Prinzipien reitet und jede Abweichung mit Verachtung straft. Nun, um es mal mit Sarahs Worten dem Koboldkönig Jareth gegenüber zu sagen: Du hast keine Macht über mich! Wollen doch mal sehen, wer hier das Sagen hat.
Und so trete ich auch heute mit Schwung vor die Tür.
Nebenan ist im Modelädchen SALE, formerly known as Winterschlussverkauf. Ich gönne mir einen konservativen Mikro-Anfall und bescheinige dem omnipräsenten Wort Sale große Unschönheit. Bei mir zumindest regt sich da nichts. Wenig regt sich auch bei der neuen Einkleidung der Kunstlitfasssäule. Ein 360-Grad-Stillleben, das quasi die direkte Umgebung „spiegelt“. Joa. Vielleicht klappt’s mit uns besser an einem anderen Tag.
Mag an der ausführlichen Winterwanderung gestern durch die halb verschneite Eifel liegen (siehe Bild ganz oben), dass ich tiefenentspannt dem Heimbüro entgegengehe, mehr mit dem Innerlichen und weniger mit dem Äußerlichen befasst. Schon stehe ich am Rhein, im nächsten Moment sehe ich zwei Irrwische über die Hundewiese toben, gerade eben grüßte ich noch den Viertelsflaneur, schon stehe ich vor der Haustür.
Bewusst nahm ich heute nur den Flausch am Rhein wahr, der im leisen Wind pendelte. Und das Kreuz inmitten des Waldpflanzenkindergartens zu Füßen der Agneskirche. Mit tief hängenden Gedanken geht es in den Tag. Ein Teil von mir wandert wohl noch, ein anderer Teil formuliert ein Angebot, das gleich gen Münster reist. Erstaunt stelle ich fest, dass der Januar schon wieder fast vorbei ist.
Aus der Reihe: Abschiedstournee von Dingen
Der Plan: Jeden Tag einige Dinge loslassen. Das läppert sich allmählich!
Eldar Djangirov entdeckte ich, meine ich mich zu erinnern, durch WDR 5, als sie noch viel mehr Jazz zwischen den Wortbeiträgen spielten. Das war für mich damals eine richtig gute Fundgrube. Inzwischen spielen sie eher langweilige Tingel-Tangel-Popmusik, ähnlich wie Deutschlandfunk Kultur, weshalb ich die Radiosendungen meist als Podcasts höre. Ich liebe Moanin von Art Blakey und seinen Jazz Messengers und fand dann auch die Version von Eldar gut. Aber ich höre weder sein Debüt noch die CD Blue Note von Eldar mehr. Können beide raus.
Tou mit vllen aber triufet
ûf die rôsen âne tuft,
ûzer bollen schône sliufet
manger lôsen blüete kluft.
darîn senkent sich diu vogellîn,
diu gedœne lûte erklenkent,
daz vil schœne kan gesîn.
Konrad von Würzburg schrieb dies irgendwann Mitte oder Ende des 13. Jahrhundert.
Tau mit Fülle wieder trieft
auf die Rosen ohne Reif.
Aus den Knospen lieblich schlüpft
manch anmutiger Blüte Öffnung.
Darin lassen sich die kleinen Vögel nieder,
die ihr Tönen laut erklingen lassen,
das sehr schön zu sein vermag.
Übersetzt aus dem Mittelhochdeutschen von Max Wehrli. Man ahnt es schon: Diese Zeilen sind der Beginn einer schlüpfrig-moralischen Abhandlung. Ein Text aus dem Büchlein Deutsche Lyrik des Mittelalters (Manesse Verlag). Ein schönes Büchlein mit vierfarbig gedruckten Auszügen aus den Handschriften und einem güldenen Lesebändchen. Doch es steht sich hier den Buchrücken krumm und darf daher in die Freiheit.
Ebenso der Reise know-how City-Guide Dresden. Der kann richtig weg, in die Ablage P. Ein Reiseführer von 2007. Dürfte veraltet sein. Sollte ich eines Tages mal wieder nach Dresden kommen, würde ich mich ohnehin an die Fersen der @sufloese heften.
Hochambitioniert stürzte ich mich einst ins Thema Typografie und begann mit Erste Hilfe in Typografie von Willberg/Forssman. Grundlagenwerk von Leuten, die sich auskennen. Indes, ich schaue nicht mehr rein. Möge der Ratgeber für Gestaltung mit Schrift jemandem von größerem Nutzen sein als mir.
Jeden Tag einige Dinge loslassen. Das läppert sich allmählich! … Perfekter Plan.
Aber eben auch nicht so einfach. Hier am Meer hatte ich mir bei Umzug vorgenommen, es erfolgt kein Neukauf bei Umzug.
Nur was Du findest, geschenkt bekommst …. und was soll ich sagen es hat geklappt.
Lieber Wink nach Köln.
Heidewitzka, Daniela! Aber wenn ich Deine Bilder so sehe, lese, wie Du von Deiner neuen Heimat sprichst: Da findet sich offensichtlich etwas zusammen – Du, der Ort, das Leben. Glückauf, weiterhin!
Heidewitzka … wie wunderbar.
Ja es schliesst sich hier etwas und es fûhlt sich vrrdammt gut an. Türen auf Leben rein ????????.
Ach wie gut ich das kenne! Ich sage mir immer, du wohnst zwar meinetwegen in mir und du wirst wohl such nie ausziehen, aber ich bin nicht du. Nicht identifizieren mit der strengen stimme, die einem die Laune verdirbt.
Ich fahre übrigens gerade nach Münster, leider auch mit tiefhängenden Gedanken, einem Angebot, das ich im Dezember dorthin schickte hinterher. Heute also Arbeit dort. Dir einen schönen Tag!
Grüß‘ mir das schöne Münster und guten Erfolg mit Deiner Arbeit dort! Als nächstes mache ich einen Spaziergang auf Deiner neuen Website. Zu der ich Dir hier schon mal herzlich gratuliere. Auf hoffentlich bald!